Sprachgewaltig, mitreißend, erschütternd: „Wild Game“ der amerikanischen Schriftstellerin Adrienne Brodeur ist ein fesselndes Buch zum Thema Mutter-Tochter-Verhältnis.
Adrienne hat eine umwerfende, strahlende Mutter, die der Mittelpunkt einer jeden Gesellschaft ist. Schon ihr Name Malabar strömt reine Exotik aus. Doch Malabar ist auch eine große Egozentrikerin, und als sie sich in den besten Freund ihres Mannes verliebt, macht sie ihre Tochter zu ihrer engsten Vertrauten und stellt auf diese Weise das Mutter-Tochter-Verhältnis auf den Kopf. Bald schon lebt Adrienne ganz für die aufregende Liebesgeschichte ihrer Mutter, statt ihre eigene Jugend auszukosten. Erst als erwachsene Frau ist sie in der Lage, die Mechanismen zu erkennen, die ihr Leben geprägt haben. Und es gelingt ihr, sich mit ihrer Mutter auszusöhnen, die ihr die Jugend gestohlen hat… (Quelle: Droemer-Knaur Verlag).
Meine Leseentscheidung
Seit ich aufgrund von COVID19 gezwungen bin, einen Großteil meiner Berufs- und Freizeit zu Hause zu verbringen, habe ich beschlossen mein Lesegenre zu erweitern. Aus diesem Grund griff ich bewusst zu Büchern, die ich ansonsten getrost im Bücherregal der Stadtbuchhandlung zurücklassen würde. Dies trifft auch auf den autobiographischen Roman „Wild Game“ der amerikanischen Autorin Adrienne Brodeur zu. Weder Titel noch Cover haben mich anfangs angesprochen. Der Klappentext entfachte jedoch einen Funken Neugier und ließ schließlich mein Leserherz erweichen und das Buch in meine Büchersammlung einziehen. Eine gute Entscheidung – wie sich im Nachhinein herausstellte. Wild Game erschien am 01.04.2020 im Droemer-Knaur-Verlag.
Wild Game: die Hauptcharaktere
In ihrem autobiographischen Buch schildert die Autorin schlüssig und realistisch ihre eigene fragwürdige und psychisch ungesunde Mutter-Tochter-Beziehung. Denn Rennie ist gerade einmal 14 Jahre als ein Kuss ihr Leben verändert und sie bis ins hohe Alter prägen wird. Ihre egozentrische Mutter Malabar, küsst den besten Freund ihres Ehemannes und lässt die Tochter als Mitwisserin und Verbündete, in der sich entwickelnden Affäre an diesem Geheimnis teilhaben. Rennie heischt schon seit Geburt an nach der Aufmerksamkeit und Liebe ihrer Mutter und sieht dies nun als Möglichkeit eine enge Bindung zu ihr aufzubauen. Sie versäumt den sonst so wichtigen Abnabelungsprozess eines Teenagers. Malabar hingegen hat aufgrund ihrer prägenden Kindheit selbst die Problematik Empathie und Einfühlungsvermögen für ihre Mitmenschen aufzubringen. Durch ihre leicht narzisstische Veranlagung entsteht eine ungesunde und verquere Mutter-Tochter-Beziehung deren wackeliges Konstrukt sich durch die gesamte Geschichte des Romans zieht.
Der Plot
Adrienne Brodeur schafft es den Plot in Wild Game durch ihren sich entwickelnden Schreibstil realistisch aufzuarbeiten und so ihre Lebenserfahrungen authentisch und sachlich wiederzugeben. Ihre Sprache beginnt jugendlich, wechselt im Hauptteil zu einem ernsthaften Ton und endet schließlich in einem tiefgründigen Sprachgebrauch. Als Mitwisserin der Affäre von Malabar ist Renny anfangs überglücklich Vertraute ihrer Mutter zu sein. Ihr ständiger Drang geliebt und ihren Bruder bevorzugt zu werden, lässt sie dabei vergessen, dass sie ihren liebevollen Stiefvater und in späteren Jahren auch etliche andere geliebte Personen in ihrem Leben hintergeht. Im Laufe der Geschichte wird Rennie zusehends erwachsen und älter und beginnt zu begreifen welch psychologische Last dieses perfide Versteckspiel in ihr hervorruft. Das Mutter-Tochter-Lügenkonstrukt endet schlussendlich in einer handfesten Depression für die Hauptprotagonistin. Eine Geschichte welche die Tiefen einer Mutter-Tochter-Verbindung auf entrückend ehrliche Art und Weise darstellt.
Mein Fazit
Trotz anfänglicher Skepsis konnte ich mich schlussendlich doch für „Wild Game“ erwärmen. Zu Beginn liest sich das Buch ein wenig holprig. Je mehr man sich jedoch mit dem Inhalt des Plots auseinandersetzt desto mehr zieht einen die skurrile Mutter-Tochter-Beziehung in den Bann. Der Lebensbericht der Autorin regt einem zum Nachdenken an und zeigt Abgründe von ungesunden Familienbeziehungen auf. Alles in allem ein durchwegs interessantes und kurzweiliges Lesevergnügen für Zwischendurch.
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